Halleluja
Wer die Bibel liest und versucht, ihre Botschaft anzuwenden, lernt nie aus. Selbst nach Jahrzehnten des Christseins und des Studierens ihrer Texte können wir neue Dinge entdecken, andere tiefer begreifen und wir werden an Aussagen erinnert, die wir vergessen haben. Die Artikelreihe »Schatzsuche« möchte in aller Kürze etwas tiefer graben, um Botschaften der biblischen Texte zu Tage zu fördern, die vielen Bibellesern nicht auffallen. Dazu orientieren wir uns an einzelnen Begriffen des Alten und Neuen Testaments.
Vokabeln sind beim Erlernen von Fremdsprachen für manchen eine besondere Herausforderung. Gefühlt werden sie manchmal schneller vergessen, als sie gelernt worden sind. Da erfreut es, wenn in der zu erlernenden Fremdsprache einzelne Vokabeln mit der Muttersprache identisch oder zumindest sehr ähnlich sind. Darüber hinaus gibt es sogar Worte, die in den gängigen Sprachen sich insgesamt gleichen, wie Projektor, Joghurt, Symphonie oder Foul.
Auch in der Bibel gibt es solche Begriffe. Besonders verbreitet ist das Wort Halleluja, bzw. Alleluja. Wir finden es unter vielen anderen in folgenden Sprachen: Englisch, Russisch, Griechisch, Arabisch, Türkisch, Chinesisch, Hindi, Zulu und Swahili. Das Original, was den häufigen Bibelleser nicht verwundert, kommt aus dem Hebräischen, in dem fast das komplette Alte Testament ursprünglich verfasst wurde.
Halleluja wird im Deutschen teilweise sogar von Menschen verwendet, die gar keinen christlichen Hintergrund haben. Der Ausruf »Halleluja!« dient dann als Ausdruck der Begeisterung, oft mit leicht spöttischem Unterton: Bei einem Lehrer, wenn eine Schülerin beim dritten Versuch endlich die richtige Antwort gegeben hat, z. B. Auch in christlichen Kreisen finden wir eine ähnliche Verwendung. So ruft ein eher extrovertiert veranlagtes Gemeindeglied nach dem Bericht von einer Gebetserhörung in die sonst eher zurückhaltende Gottesdienstatmosphäre lautstark »Halleluja!«. Damit drückt es einerseits seine Begeisterung für Gottes Güte aus, andererseits meint es, Gott damit in der Öffentlichkeit Ehre zu geben. Doch ist dem so?
Wenn wir das Wort Halleluja etwas genauer anschauen und versuchen, es ins Deutsche zu übersetzen, dann wird es häufig mit »Lobt den Herrn« wiedergeben. Und hier gibt es zwei Dinge zu bedenken. Die Endung »ja« wird nur sehr vereinfacht mit »Herr« übersetzt. Im Original ist es die Kurzform von Jahweh (wohl gesprochen: jach-weh). Dieses ist die häufigste Bezeichnung für Gott in der Bibel, jedoch eher so etwas wie ein Eigenname und bezeichnete ursprünglich keinen Herrn. Diese Bezeichnung wurde in der altgriechischen Übersetzung des Alten Testaments, die im Alten Vorderen Orient starke Verbreitung fand und auch im Neuen Testament sehr häufig zitiert wird, mit »kýrios Herr« übersetzt.
Ebenso müssen wir den ersten Teil des Wort betrachten. Dort finden wir nämlich die Befehlsform »Lobt!«. Hier wird deutlich, dass nicht die Wirklichkeit oder eine Handlung beschrieben wird (»Ich lobe den Herrn«), sondern es sich um eine Aufforderung handelt: Die öffentliche Versammlung soll Gott loben. Und hier nähern wir uns einem wichtigen Punkt des Alten und Neuen Testaments. Die Menschen der damaligen Zeit waren insgesamt viel kollektiver veranlagt, als der durchschnittlich in Deutschland lebende Mensch im 21. Jahrhundert. Wir betonen kulturell bedingt stark das Individuelle, was an sich nicht schlecht ist: Gott hat schließlich jeden Menschen einzigartig gemacht. Jeder ist ein Unikat. Anderseits verpassen wir wichtige Elemente des Glaubens, wenn wir einseitig individuell denken. Jesus nachzufolgen hat ein stark gemeinschaftliches Moment. Gott soll in der Gemeinschaft seiner Nachfolger gelobt werden. In dieser Szenerie findet Halleluja zu seiner eigentlichen Bedeutung zurück. Bei Nutzung fordere ich die anderen auf, dass wir gemeinsam Gott loben; Gott hat uns in eine Glaubensgemeinschaft gestellt. Dazu ein paar Beispiele:
Die Liederdichter rufen das Gottesvolk auf, Gott in der Öffentlichkeit zu loben. Halleluja steht fast immer in einem Gemeinschaftskontext. Wo nicht, dient es wohl eher zur Überleitung von einer privaten hin zu einer öffentlichen Situation (Ps 104,35). Gott soll gelobt werden, weil er Heil bringt, seinem Volk (Ps 105,45; 106,1.48; 111,1; 115,18) und den Völkern, die noch nicht zu ihm gehören (Ps 117,2). Ebenso wird seine Fürsorge besungen. Dabei fällt auf, dass Halleluja häufig am Anfang und Ende eines Sinnabschnitts steht (z. B. Ps 113,1.9; 116,19), was darauf hindeutet, dass Halleluja schon zur Zeit der Abfassung ein formelhafter feststehender Begriff war.
Was können wir aus der Verwendung des Worts Halleluja in der Bibel lernen? Zum einen, wie wichtig das Lob Gottes ist, denn der Ausdruck wird durch viele andere Begriffe teils mit unterschiedlichen grammatikalischen Formen, teils mit grundsätzlich anderen Worten ergänzt. Zum anderen gilt es, Gott in der Öffentlichkeit, beispielsweise in der Gemeinde, Ehre zu geben. Ich darf meine Glaubensgeschwister mitnehmen, dass wir gemeinsam vor Gott treten und ihn loben für das, was er ist, und für das, was wir durch ihn erfahren haben. Es geht in der Nachfolge eben nicht nur um mich und meinen Herrn. Christsein ist ein Gemeinschaftsding. Lasst uns als festen Bestandteil dieser Gemeinschaft Gottes Größe und Güte sichtbar machen!
Marc Pietrzik
(aus: PERSPEKTIVEN – Christsein und Gemeinde heute 06-07 2025)