Zeit zum Schmökern: Die Rubrik »Alltagsperspektiven« der aktuellen Ausgabe kann hier nachgelesen werden:
Draußen musste es sein, das stand fest. Kalt würde es sein, auch das war klar. Trotzdem wollten es alle Mitarbeiter. Kindergottesdienste waren lange genug online oder nur mit großem Abstand machbar gewesen. Und egal ob nur klein und fein statt teuer und groß – Geschenke gehören zum Fest. Dazu sollten die Kinder in kleinen gemischten Altersgruppen auf Schatzsuche gehen durch Hinweise aus Elementen der Weihnachtsgeschichte.
An jenem Adventssonntag war es dann nicht nur kalt, es war eisig. Die Eltern waren vorgewarnt und hatten ihre Schützlinge dick eingepackt. Für evtl. Gäste lagen zusätzlich Fäustlinge und gefütterte Regenhosen bereit. Die Begeisterung bei den Jungen war groß! Die der Mitarbeiter schon auch, aber man wollte nicht zu lange draußen bleiben, so viel stand fest.
Es ging auch alles recht flott. Alle waren ziemlich schnell wieder da. Alle? Nicht ganz, eine Gruppe fehlte. Keiner machte sich Sorgen: Jede Gruppe wurde von einem Mitarbeiter begleitet. Wäre etwas passiert, hätten er oder sie sich immer sofort gemeldet. Also wurde ein wenig gewartet. Die Kinder hatten ihre kleinen Geschenke noch nicht ausgepackt, es sollte gemeinsam bei heißem Kakao und Keksen geschehen. Die Kinder tobten etwas vor dem Kirchengebäude herum, aber die Ungeduld war ihnen anzumerken.
Innen warm trotz Kälte draußen
Also ging’s rein zum Aufwärmen. Als die letzte Gruppe kam, strahlten sie alle mit roten Wangen. Begeistert hielten sie ihre Kleinigkeiten in den Händen. Mit den zwei Kleinsten waren sie einfach etwas langsamer. »Wärmen wir uns doch bei ein paar Bewegungsliedern auf!«, schlug ein Mitarbeiter vor, zwei andere machten sich ans Kakaokochen. Endlich war das Auspacken dran! Im ganzen Raum hörte man nur noch Rupf-Geräusche. Die Kinder schauten, zeigten sich ihre Kleinigkeiten gegenseitig – schon waren sie nebensächlich, wurden auf der Fensterbank abgelegt oder in die Tasche gestopft. Klar, es war nichts Dolles für Kinder unserer Breitengrade, denen es meist wirtschaftlich gut geht.
Nur eine der Kleinsten stand noch in der Mitte, als alle anderen schon zum Tisch stürmten. Schleife und Knoten hatte sie mühsam aufgefriemelt. Selbst das Papier war ziemlich intakt und lag neben ihr. Die anderen schauten ungeduldig zu ihr, um endlich Kekse in den Mund stopfen zu können.
Aus jeder Pore strahlend und mit rot gewärmten Wangen rief die sonst eher schüchterne Kleine so laut, dass jeder es hörte und erstaunt ruhig wurde: »Danke!!! Ihr seid soooo lieb zu uns! … Ich hab euch so vermisst … weil, ich hab’ euch auch soooo lieb! … Und ich hab’ ja kein Geschenk für euch …«
Dann lief sie zu jedem einzelnen Mitarbeiter und umarmte ihn fest.
Sie waren sichtlich gerührt. Aber noch bevor die Kleine mit dem Verteilen ihrer Liebesgabe fertig war, plumpsten andere von ihren Stühlchen und machten es ihr nach. Bis alle wieder standen: Tief berührte Mitarbeiter und strahlende Kinder.
Warmer Kakao war eigentlich nicht mehr nötig: Jedem war innen jetzt auch so warm genug. Kekse und Kakao gab es natürlich trotzdem, und das kurze Tisch- wurde ein Dankgebet.
Überfluss lässt Dankbarkeit oft hohl erscheinen. Diese war echt und von Herzen! Wer braucht schon selbst ein Päckchen, wenn er ansteckende Freude, Dankbarkeit und Liebe erlebt, die ein Kind von Herzen gibt? Die Kleine hat offensichtlich die Gabe, sich ansteckend zu freuen – und diese Gabe der Begeisterung steckt an!
Vielleicht weißt du gar nicht, was da für eine Wunderwaffe gegen Entmutigung und Kälte auch in dir steckt: Lass sie raus, statt sie einzusacken und für dich zu behalten!
Nebenwirkungen beim Danken sind übrigens wärmstens empfohlen und ausdrücklich erwünscht – nicht nur zur Weihnachtszeit!
Petra Piater
S. 20 ALLTAGSPERSPEKTIVEN | © Perspektiven 12–01